„Bürgerversicherung wird kommen müssen“

Martina Stamm-Fibich beim Talk auf dem roten Stuhl

16. Oktober 2016

Die Tische im Festsaal des Landgasthofes Mörsbergei in Bubenreuth mussten weichen, damit alle Interessierten einen Sitzplatz beim Talk auf dem roten Stuhl fanden. SPD-Ortsvereinsvorsitzender Marco Kreyer durfte die Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises Erlangen und Erlangen-Höchstadt Martina Stamm-Fibich begrüßen. Durch den Abend führten die beiden Moderatoren Alexandra Hiersemann (Mitglied des Bayerischen Landtags) und Christian Pech (stellvertretender Landrat des Landkreises Erlangen-Höchstadt).

Bereits zum sechsten Mal lud der SPD-Ortsverein Bubenreuth zum Talk auf dem roten Stuhl, um abseits der verkürzten Statements in Nachrichten-Sendungen oder Talk-Shows die Gelegenheit zu geben, Gründe für Entscheidungen in der Politik zu hinterfragen, aber auch den persönlichen Antrieb der handelnden Personen zu erfahren.

Martina Stamm-Fibich gehört seit 2013 dem Deutschen Bundestag an. Als ordentliches Mitglied im Ausschuss für Gesundheit und im Petitionsausschuss hat die gebürtige Erlangerin ein umfangreiches Arbeitspensum während einer Sitzungswoche in der Hauptstadt zu absolvieren. So ist es nicht verwunderlich, dass sie in den bisherigen drei Jahren der Legislaturperiode bereits über 500 Gespräche mit den unterschiedlichsten Interessensvertretern geführt hat.

„Gerade in der Gesundheitspolitik gibt es viele Mitstreiter im System. Immerhin werden hier Jahr für Jahr über 330 Milliarden Euro bewegt. Das ist mehr Geld als im gesamten Bundeshaushalt“, führte Stamm-Fibich die finanziellen Dimensionen aus, die das Gesundheitswesen aufzeigen.
In diesem Spannungsfeld zwischen den Fragen, was ist medizinisch machbar und was ist finanziell leistbar, ist für die Bundestagsabgeordnete der SPD ganz klar, dass jeder die Behandlung oder das Medikament erhalten muss, was ihm hilft. Da kann dann auch schon mal ein Vertreter des Gesundheitsministeriums die prompte Antwort von der couragierten Sozialdemokratin zu hören bekommen, dass es nicht das Geld der Politik, sondern der Versicherten sei, um das es schließlich gehe.

Auf rund 9,5 Milliarden Euro seien zwar derzeit die Rücklagen im Gesundheitsfonds angewachsen, doch angesichts der Tatsache, dass die Generation der Babyboomer schon bald in Rente gehen wird und erfahrungsgemäß mit höheren Kosten für die eigene Gesundheit im Alter rechnen müsse, sei dieser Überschuss trügerisch. Die in Möhrendorf wohnende Abgeordnete ist sich sicher, dass es einen Systemwechsel geben müsse: „Die Bürgerversicherung geht mit dem Koalitionspartner derzeit nicht. Aber sie wird kommen, weil wir sie brauchen.“ Selbst einige Abgeordnete der Union würden in Berlin vor vorgehaltener Hand bereits zustimmen, dass in Zukunft alle Bürgerinnen und Bürger ein System tragen. Dadurch würde auch der Staat als Arbeitgeber der Beamten in eine Bürgerversicherung einzahlen: „Je schneller wir die Weichen stellen, desto besser für alle Versicherten“, ist sich Stamm-Fibich sicher.

Bilanz der Großen Koalition gut
Angesprochen auf die Arbeit der SPD in der Bundesregierung zog die Erlangerin eine positive Bilanz. Denn was, außer der Pkw-Maut, trage denn nicht die sozialdemokratische Handschrift, so Stamm-Fibich. Manches hätte eine SPD-geführte Koalition sicherlich anders geregelt. Als Beispiel führte Stamm-Fibich hier den Kompromiss zur Leiharbeit und den Werkverträgen sowie die beitragsfinanzierte Mütterrente an, die nach Willen der SPD eher aus dem allgemeinen Steueraufkommen hätte bezahlt werden sollen. Und dennoch hegt die Abgeordnete eine Hoffnung: „Ich wünsche mir, dass wir nach der Bundestagswahl im kommenden Jahr andere Mehrheiten bekommen und keine Große Koalition mehr die Bundesregierung stellt.“ Und ganz persönlich ergänzte sie: „Ich möchte weiterhin dem Deutschen Bundestag angehören.“

Leidenschaftlich diskutierten die Zuhörer anschließend mit Martina Stamm-Fibich und den beiden Moderatoren Alexandra Hiersemann und Christian Pech unter anderem die Frage, wie es gelingen kann, das Ansehen der Politik wieder zu verbessern. Mit Menschen, die Pauschalkritik und übelste Beleidigungen an Politiker richteten, sei es, so die Erfahrung der drei Protagonisten beim Talk auf dem roten Stuhl, nur schwer möglich, eine substantielle Diskussion zu führen. Die Argumentation richte sich immer nur an „die da oben“. Wichtig sei aber, stets das Gespräch zu suchen und zu führen, wo es möglich sei.

Marco Kreyer bedankte sich bei Martina Stamm-Fibich für den Besuch in Bubenreuth und überreichte der Vorsitzenden der Kuppelknappen, dem Schalke-04-Fanclub des Deutschen Bundestages, einen Wandkalender der Königsblauen. Der 20. Mai 2017 sei im Kalender schon angekreuzt. An diesem Tag finden die letzten Spiele der Saison statt und man habe sich erlaubt das Wort „Meisterschaftsfeier“ im Kalender zu vermerken.

Der Talk auf dem roten Stuhl fand bereits zum sechsten Mal statt. Der SPD-Ortsverein Bubenreuth lädt regelmäßig Persönlichkeiten aus der Politik ein, um – jenseits der Acht-Sekunden-Statements aus den Nachrichten – ausführlich über die wichtigen Themen der Zeit zu diskutieren. Dabei wird den Fragen aus dem Publikum großer Raum gelassen. Miteinander ins Gespräch zu kommen und so ein Verständnis für politische Entscheidungen zu schaffen, das ist das Ziel der Veranstaltungsreihe des SPD-Ortsvereins Bubenreuth. Moderiert wird der Talk auf dem roten Stuhl von Alexandra Hiersemann (Mitglied des Bayerischen Landtags) und Christian Pech (stellvertretender Landrat des Landkreises Erlangen-Höchstadt).

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